Erbbaurecht – was ist das eigentlich?
Familie S. erwartet erstmals Nachwuchs. Die Freunde auf das Baby ist groß, die jetzige Wohnung jedoch zu klein. Ein kleines Häuschen mit Garten – das wär´s, da sind sich Herr und Frau S. einig. Nach einigem Suchen ist das Wunschobjekt gefunden: Ein Mittelreihenhaus am Stadtrand von Hamburg mit hübsch gestalteten Garten. Das Angebot enthält jedoch eine für Familie S. bislang unbekannte Besonderheit. Das Haus befindet sich auf einem Erbpachtgrundstück. Was bedeutet das eigentlich genau?
Nach der Regelung des Gesetzes ist ein Erbbaurecht, oft auch umgangssprachlich als Erbpacht bezeichnet, das Recht, auf einem (fremden) Grundstück gegen Zahlung eines regelmäßigen Entgeltes (in der Regel des sogenannten Erbbauzinses) ein Bauwerk zu errichten. Eigentum am Grundstück und Eigentum am Bauwerk (z.B. Wohngebäude) fallen also auseinander. Dies gilt auch, wenn das Erbbaurecht bezogen auf ein bereits errichtetes Gebäude (Haus bzw. Immobilie) bestellt wird. Damit wird von dem Grundsatz des deutschen Rechts, dass dem Eigentümer von Grund und Boden stets auch all das gehört, was auf seinem Grund gebaut ist abgewichen. Der wirkliche Eigentümer des Grundstückes verpachtet also auf Zeit (meist 100 Jahre) das Grundstück und erlaubt somit dem Pächter z.B. ein Haus (Wohngebäude) darauf zu bauen. In der Praxis wird das Erbbaurecht in Deutschland meist von Eigentümern größerer Flächen verwendet, um die Bebaubarkeit von Grundstücken wirtschaftlich auszunutzen und dennoch ihr Grundvermögen dauerhaft zu erhalten. Erbbaurechte werden daher vor allem von Kommunen, Kirchen und Stiftungen, seltener von Privatpersonen und Unternehmen vergeben. Grundsätzlich ist aber jeder Grundstückseigentümer berechtigt, ein Erbbaurecht zu bestellen. Der große Vorteil für denjenigen, der das Haus baut ist nun, dass er für weniger Geld den Traum einer eigenen Immobilie verwirklichen kann, da die Kosten für den Pachtzins geringer sind als der Kaufpreis für das selbige Grundstück.
Das Erbbaurecht wird begründet durch einen Erbbaurechtsvertrag zwischen Erbbauberechtigtem und Grundstückseigentümer und anschließender Eintragung ins Grundbuch. Das Erbbaurecht wird in zwei Grundbüchern dokumentiert: im Grundbuch des belasteten Grundstücks (Grundstücksgrundbuch) als Belastung in Abt.II, sowie in dem von Amts wegen für das Erbbaurecht als grundstücksgleichem Recht anzulegenden besonderen Erbbaugrundbuch (§§ 14 ff. ErbbauRG). Zieht der Erbauberechtigte zur Finanzierung des Baus oder Erwerbs des Bauwerks auf dem Grundstück einen Bank-Kredit heran, wird in der Regel von der Bank eine sogenannte „Stillhalteerklärung“ von Seiten des Grundstückeigentümers verlangt. Hintergrund ist folgender: Steht der Grundstückseigentümer mit seiner Erbbauzinsreallast (Anspruch auf Erbbauzins) im Grundbuch vor dem Grundpfandrecht (der Bank) würde die Bank im Falle einer etwaigen Zwangsversteigerung mit ihrer Forderung ausfallen. Das liegt daran, dass dann der Grundstückseigentümer die Zwangsversteigerung betreiben könnte und somit lediglich sein Erbbauzinsanspruch kapitalisiert werden würde und eine nachrangige Grundschuld in der Zwangsvollstreckung erlöschen würde. Unterschreibt der Grundstückseigentümer somit eine Stillhalteerklärung der finanzierenden Bank, räumt er somit dem Grundpfandrecht (Forderung der Bank) Vorrang gegenüber seiner Erbbauzinsreallast ein. Somit entfällt die Kapitalisierung dieser und es wird ein Fortbestand des Anspruches auf Erbbauzins vereinbart.
Vorbehalte wegen der meist auf 60 bis 99 Jahre begrenzten Laufzeit der Erbbaurechtsverträge sind weitgehend unbegründet. In der Praxis können auslaufende Erbbaurechtsverträge beliebig oft erneuert werden. Zudem erhält der Erbbauberechtigte in der Regel ein Vorkaufsrecht an dem von ihm bebauten Grundstück.
Im Unterschied zum Erbbaurecht bezieht sich der Begriff Erbpacht im eigentlichen Sinne auf ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht an landwirtschaftlich genutzten Flächen. Diese historische Form der Landbewirtschaftung ist in Deutschland gesetzlich nicht mehr zulässig. Umgangssprachlich wird stattdessen das Erbbaurecht an Baugrundstücken häufig als Erbpacht bezeichnet. Die Einführung des Erbbaurechts sollte ursprünglich den Wohnungsbau fördern, indem einerseits sozial schwächeren Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zum Bauen gegeben werden sollte, und zugleich ein Instrument zur Bekämpfung von Bodenspekulationen schaffen.
Städte und Gemeinden vergeben Erbbaurechte zum Beispiel gelegentlich an gemeinnützige Vereine (Sportvereine, etc.) um die Möglichkeit des Baus eines Vereinsheims zu schaffen, ohne dass der Verein das finanzielle Risiko der Grundstücksfinanzierung eingehen muss.
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